WFUS-Rückblick

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Unternehmensnachfolge - Infoabend in der Stadthalle Dillingen
5. Oktober 2015
Kreis Saarlouis (pdl)
Suche Nachfolge – biete Unternehmen! Diese klare Ansage birgt aber auch viele Fallstricke. Den geeigneten Firmennachfolger zu finden ist eine schwierige und langwierige Angelegenheit. Ein Unternehmen zu übernehmen ist auch kein einfaches Unterfangen und birgt finanzielle Risiken. Vor dem Hintergrund, dass im Saarland in den nächsten fünf Jahren bei 6300 Unternehmen die Nachfolge geregelt werden muss, hatten das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr mit seiner Saarland Offensive für Gründer (SOG) in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Untere Saar mbH (WFUS), der Wirtschaftsförderung des Landkreises Merzig und der Stadt Dillingen zu einem Informationsabend in die Dillinger Stadthalle geladen. „Die Wahl des Informationsortes ist richtig gewählt“, fand Bürgermeister Franz-Josef Berg. Dillingen sei die Stadt der Arbeitsplätze, liege inmitten eines Verkehrsknotenpunktes und biete mit Stadthalle und Lokschuppen hervorragende Lokalitäten für Veranstaltungen an.

Für Ministerin Anke Rehlinger bildet der Mittelstand die Säule der Wirtschaft. Sie rät, die Unternehmensnachfolge frühzeitig zu regeln, „damit das Unternehmen so gut wie es ist, am Markt bleibt“. Jürgen Lehnhof, Abteilungsleiter Mittelstand und Wirtschaftsförderung im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr, hält die frühzeitige Klärung der Unternehmensnachfolge für sehr wichtig für die Strukturentwicklung. Bei den etwa 1000 pro Jahr zur Übernahme anstehenden Unternehmen sieht er es als zwingend notwendig an, hierbei behilflich zu sein. Die Saarland Offensive für Gründer (SOG) biete an, den sich erfahrungsgemäß auf fünf bis zehn Jahre erstreckenden Prozess gemeinsam zu gehen.

Marco Wilhelm von der Saarländischen Investitionskreditbank (SIKB) erläuterte das Prozedere für eine Unternehmensnachfolge anhand einer Checkliste. Sein Fazit: „Die größte Tat ist es nicht, einen Betrieb aufzubauen, sondern die Nachfolgesituation so vorzubereiten und beeinflussend zu gestalten, dass das unternehmerische Lebenswerk erhalten bleibt und erfolgreich fortgeführt wird.“ Er gab nicht nur Praxistipps rund um den Generationswechsel im Betrieb, sondern stellte Andreas Hans vor, der bis zum Jahresende als Schreinermeister im Betrieb von Georg Oehm in Beckingen beschäftigt war und jetzt der „neue Chef“ im Unternehmen ist. Die Mitarbeiterübernahme diskutierte Marco Wilhelm mit Andreas Hans und seiner Gattin Dominique. „Mit so viel Papierkrieg hatte ich nicht gerechnet“, erklärt Andreas Hans, der gleichzeitig für Risikobereitschaft wirbt. „Immer zum Vorhaben stehen und mit einer guten Hausbank zusammenarbeiten“, sagt der „Jungunternehmer“, der zudem auch die Angebotspalette der Dienstleistungen erweitert hat und jetzt mehr macht, als „Fenster und Türen einbauen“.

Die Gersing GmbH in Altforweiler und die Courtehoute GmbH in Siersburg sind gestandene Familienunternehmen. Sandra Haas-Gersing wie auch Kai Wagner hatten anfangs nicht vor, in den jeweils von den Großvätern gegründeten und vom Vater geführten Unternehmen einzusteigen oder gar „Chef“ zu werden. WFUS-Geschäftsführer Jürgen Pohl stellte in der Talkrunde mit der angehenden Jungunternehmerin und dem Jungunternehmer vor, wie junge Menschen, die zunächst andere Berufsvorstellungen hatten, dann doch letztlich in den Familienbetrieb eingestiegen sind. Sandra Haas-Gersing ist inzwischen fachgeprüfte Bestatterin und Tischlergesellin mit Prokura im väterlichen Unternehmen. „Und im Prozess der Übernahme“, erklärt sie. Kai Wagner, der das Chemiestudium abbrach und Betriebswirtschaft wählte, bei Mercedes in Argentinien ein halbes Jahr in der Personalabteilung arbeitete, wurde durch die Krankheit des Vaters mit der Unternehmensübernahme überrascht. „Ich musste ins kalte Wasser springen“, gestand er. Inzwischen hat er sich „das Vertrauen der Mitarbeiter verdient“ und führt mit seiner Schwester, die Maschinenbau studierte, die Courtehoute GmbH. Sandra Haas-Gersing und Kai Wagner setzen auf gute Kundenpflege, wollen das Personal mehr einbinden und schließen ein paar Neuerungen nicht aus. „Nie abschrecken lassen, neue Herausforderungen annehmen und weiter für sie kämpfen“, ist die Empfehlung von Sandra Haas-Gersing. „Ich hätte eine Lehre machen sollen, dann hätte ich mir Vieles nicht mühsam erarbeiten müssen“, gesteht Kai Wagner, der keinen Hehl daraus macht, glücklich zu sein, das Unternehmen mit der Schwester fortzuführen und ab und an den Vater als Berater zur Seite zu haben.

Für Jürgen Pohl, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Untere Saar (WFUS) steht fest, dass eine gelingende Unternehmensübergabe neben vielen anderen Faktoren, die beachtet werden müssen, vor allem auch davon abhängt, dass sich die Übergeber frühzeitig über die Nachfolgeregelung Gedanken macht. „Idealerweise kann dies natürlich in familieninternen Übergabeprozessen erfolgen, aber auch hier ist bei der erfolgreichen Übergabe der wichtigste Faktor der „Mensch“, so Pohl. Einerseits sollte der übergebende Part „abgeben“, das heißt, sich sukzessive aus dem aktiven Tagesgeschäft herausnehmen können, andererseits der übernehmende Part sich verinnerlichen, dass er „Durchhaltevermögen“ auf dem Weg der Übernahme benötigt.


v.l.n.r. WFUS-GF Jürgen Pohl, Jürgen Lehnhof (Abt.-Leiter Mittelstand und Wirtschaftsförderung im Wirtschaftsministerium), Bürgermeister Franz-Josef Berg (Dillingen), Dominique und Andreas Hans (Beckingen), Marco Wilhelm (SIKB), Dr. Nadine Staub-Ney (WiMi), Kai Wagner (Fa. Courtehoute) und Sandra Haas-Gersing (Fa. Gersing).



weit über 100 Gäste sind der Einladung des Wirtschaftsministeriums und der beiden regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaften gefolgt.


Talkrunde der Jungunternehmer Sandra Haas-Gersing und Kai Wagner mit WFUS-Geschäftsführer Jürgen Pohl (v.l.).


Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger erläutert das Thema "Unternehmensnachfolge im Saarland"


Gruppenbild zum Abschluss mit Marco Wilhelm, Andreas und Dominique Hans, Ministerin Anke Rehlinger, Kai Wagner, Sandra Haas-Gersing und WFUS-Geschäftsführer Jürgen Pohl (v.l.).

Fotos Brigitta Schneider (pdl)